Politik, Presse und Wirtschaft werden seit Monaten nicht müde, verlorenes und wieder zu gewinnendes Vertrauen in die deutschen Autohersteller zu beschwören. Wäre dies nur naiv, könnte man es milde belächeln. Tatsächlich ist es zynischer Teil einer konsequenten Verdummungsstrategie zugunsten der Autoindustrie und der großen Parteien.
Innerhalb eines Wirtschaftssystems, das als Leitziel nur den Profit kennt, ist kein Platz für soziale Verantwortung und für Vertrauen. Beides könnte nur aus moralischem, unvermeidlich Gewinn minderndem Handeln erwachsen, und derlei Beschränkungen standen in in der Wirtschaft nie ernsthaft zur Debatte. Alle ohnehin zumeist nur kümmerlichen Ansätze einer „Wirtschaftsethik“ sind ebenso wie das nie ernst genommene „Corporate Governance“- Geschwurbel bereits vor langer Zeit in dunklen Schubladen verschwunden.
Diese Grundhaltung wird anhand des derzeitigen Verhaltens der betrügerischen Autoproduzenten deutlich: Wirkliche Abhilfe, die zugleich die Bevölkerung vor weiteren Gesundheitsschäden bewahren würde, könnte nur eine die Hardware erfassende Nachrüstung der Dieselfahrzeuge schaffen, die durchaus möglich ist, aber – welch Sakrileg ! – bereits eingefahrene Unternehmensgewinne schmälern würde. Also wurde – abgesehen von einer die bisher schon üblichen Rabatte kaum übersteigenden umsatzfördernden Rabattaktion („Umweltprämie“) auf Neufahrzeuge – hartnäckig lediglich ein Update der Software von Dieselfahrzeugen angeboten, das im Wesentlichen lediglich bewirkt, dass die Autokonzerne der Verjährung der Ansprüche der betrogenen Käufer näher kommen und die wirtschaftstreuen politischen Parteien sich unbehindert von Fahrverboten erfolgreich über den nächsten Wahltermin retten und weiter regieren können.
Regieren? Längst haben die parteiengesteuerte politische Exekutive und Legislative ihre Gestaltungsräume aufgegeben und ihr Handeln dem Diktat der wirtschaftlichen Großunternehmen untergeordnet. Die notwendigen Korrekturen mangelnder Wahrnehmung ihrer Aufgaben bleiben so partiell der – damit heillos überforderten – Judikative überlassen. Im Dieselskandal sind auch die Verbraucher von der Politik wieder einmal allein gelassen, nachdem die CDU/CSU die Einführung der Gruppen- oder Musterklage in das deutsche Recht seit vielen Jahren systematisch blockiert. Die Presse wiederum wird von Wirtschaftsunternehmen getragen, die Teil des neoliberalen Kapitalismus sind. Selbst renommierte Blätter wie die Süddeutsche Zeitung informieren zwar passabel, stellen aber in ihren Kommentaren die nahezu unbeschränkte, die Demokratie unterlaufende Macht der Wirtschaft, der ja auch ihre Profite entstammen, konsequent nicht einmal ansatz- oder teilweise in Frage.
Die „Volksvertreter“ und die „vierte Gewalt“ schwadronieren unverantwortlich von einem Vertrauen, das seit langem der Vergangenheit angehört und nur bei einschneidender Domestizierung des kapitalistischen Systems erneut gedeihen könnte. Das aber verschweigen sie dem Volk. Lieber bedienen sie sich selbst und schauen ungerührt zu, wie das soziale Miteinander der Menschen nach und nach atomisiert (und der wunderschöne Erdball ruiniert) wird, weil es einer geld- und machtgierigen, psychisch kranken Minderheit nie genug ist. Nicht mehr und nicht weniger als das kommt hinten heraus, wenn es so weitergeht.