ist „Abenteuer Freiheit“ von Carlo Strenger (Suhrkamp, 123 Seiten, € 14). Der in Tel Aviv lehrende Psychologe schildert darin die unguten Folgen der Freiheit des modernen westlichen Menschens, der einerseits von keiner Glaubensgemeinschaft mehr beengt ist, auch alle ähnlichen Bindungen jederzeit abstreifen und sein Leben frei gestalten kann, andererseits aber außerstande ist, diesen Freiraum sinnvoll auszufüllen. Die Darlegungen sind eindringlicher als die Erich Fromms in „Die Furcht vor der Freiheit“ aus dem Jahr 1942, zumal Sprenger die seitherige Entwicklung berücksichtigt: Die Malaise insbesondere der europäischen Bevölkerung, die nach einer siebzigjährigen Phase des Friedens in Konsum und ähnlich läppischem Zeitvertreib versinkt und immer weniger bereit und in der Lage ist, mit dieser Freiheit furchtlos und konstruktiv umzugehen und, nicht zuletzt, sie zu verteidigen. Der europaweite Rechtsruck, der auf fatale Weise das unveränderte Bedürfnis nach dem „Großen Sinn“ bedient, erhält so eine beängstigende zumindest teilweise Erklärung. Radikal räumt Sprenger mit dem Rousseau´schen Romantizismus auf, wonach jeder Mensch ein unverdorbenes, nur durch die Gesellschaft verschüttetes Selbst hat, und beleuchtet Gedanken Großer wie Freud, Heidegger und Sartre. Der Auffassung Sprengers, die Tragik des Menschen liege vor allem im Bewusstsein der Endlichkeit seines Daseins, mag man teilen oder nicht; sie dürfte eher in der Unfähigkeit zu finden sein, die Zeit auf Erden sozial und zufrieden zu verbringen – einschließlich des Widerspruchs, einerseits die Freiheit von sozialen Bindungen zu zelebrieren und andererseits allerlei Glücksbringendes von der Gesellschaft zu fordern. Im Ergebnis landet Sprenger – wie vielfach die moderne Ethik – bei dem aristotelischen Konzept, wonach ein gelungenes Leben intensives und ausdauerndes charakterliches Training voraussetzt. Das ist nicht neu, aber der forsche und luzide, wohltuend kurze Ritt Sprengers durch die einschlägige Geistesgeschichte bis in die Gegenwart ist allemal beeindruckend.