Monatelang hat die NACHTGAZETTE von der Kommentierung des Zeitgeschehens abgesehen. Was der „homo sapiens“ auf Mutter Erde anstellt, ist so hoffnungslos zerstörerisch, dass der Redaktion zeitweise sogar ihr bewährter schwarzer Humor abhanden kam.
Der anhaltende, grausame Krieg Russlands gegen die Ukraine, die wachsende Aggressivität Chinas und die kontinuierlich zunehmende Zahl der Länder des Westens, deren Regierungen sich von einem seelenlosen, die Gemeinschaft der Menschen in Schutt und Asche legenden Kapitalismus dominieren lassen und so tumben Rechtsextremen Vorschub leisten – all das ist wahrlich deprimierend, umso mehr, wenn man die schnell abnehmende Artenvielfalt und die in sich beständig ausweitende Klimakatastrophe hinzunimmt.
Es ist unübersehbar, dass ein „weiter so“ einschließlich des Ressourcen schädigenden Mantras Wirtschaftswachstum und der Ausbeutung der armen Länder des Südens durch den Westen das Ende der Gattung Mensch zur Folge haben wird – einer Spezies, die wundervolle Werke der Kunst geschaffen hat, aber sichtlich weder willens noch fähig ist, den eigenen Untergang abzuwenden.
Nehmen wir nur die noch vergleichsweise erträglichen Verhältnisse in Deutschland. Da gibt es den wirtschaftshörigen Kanzler einer ehemals sozialen SPD, grüne Politamateure sowie eine FDP, die chronisch um sich und ihre reiche Klientele kreist, dabei die finanzielle, demokratiefeindliche Ungleichheit weiter fördert und auch sonst nahezu jeden Fortschritt blockiert, sobald er mit der geringsten Steuererhöhung für Vermögende einhergeht – und eine Opposition, die sich entweder selbst zerlegt (Die Linke) oder fern jeglichen Programms die demokratisch einwandfreien Grünen zu Feinden erklärt und sich kaum verhohlen bei der reaktionären AfD und ihren Wählern anbiedert, als ob es nicht längst – schon angesichts der Entwicklung der Weimarer Republik – bewiesen wäre, dass dies ihrer Bedeutungslosigkeit nur weiteren Vorschub verleiht (CDU/CSU). Dass eine solche Konstellation kaum positive Veränderungen zustande bringt, liegt auf der Hand. Die Widerstände gegen wirtschaftliche Reformen, etwa die Reduzierung der ruinösen Tierhaltung oder die Eindämmung der Ausbeutung der Verbraucher seitens der Oligopole, sind so mächtig, dass sich niemand von Format findet, der endlich die notwendigen, der kapitalistischen Gier Grenzen setzende Reformen konzipiert und herbeiführt.
Zu allem Überfluss ergehen sich selbst Gazetten, die sich dem „Qualitätsjournalismus“ zurechnen wie die Süddeutsche Zeitung, allzu sehr in biedermeierähnlichen Berichterstattungen über Nebensächliches einschließlich wenig interessanter Interviews, ohne den Finger wirklich auf die Wunden zu legen und die notwendigen substantiellen, auch sozialen Reformen energisch zu fordern. Da werden dann schon mal die wieder epidemischen klimaschädlichen Fernreisen mit dem Flugzeug mit der – in Wahrheit spätkolonialen – Abhängigkeit der Reiseländer vom Tourismus oder mit Bewusstseinserweiterungen der Reisenden gerechtfertigt, als ob Deutschland nicht ein herrliches Reiseland wäre und selbst ein großer Geist wie Immanuel Kant nicht bestens ohne Ausflüge in die Ferne ausgekommen wäre.
Kein Wunder, dass eine solche Lage bei unmündigen Wählern eine Hinwendung zur AfD erzeugt, die eine angesichts des global gewordenen Daseins irreale Rückkehr zu einer idyllischen, reinweißen Nation Deutscher verheißt, überdies eine verbreitete Mentalität des „carpe diem“, die sich entgegen bloßer Lippenbekenntnisse dringend erforderlichen Maßnahmen in den Weg stellt, sobald lieb gewonnene Gewohnheiten tangiert werden. Na denn Prosit!