Grundsätzlich kämpfen männliche Tiere nur um ihren Harem, der hoffnungslos gierige Mensch aber auch um Geld und Macht. Dabei gilt der eherne Grundsatz: Der Schwache wird zur Beute. Der derzeitige Konflikt um die Ukraine passt bestens in dieses Bild.
Unter Gorbatschow und Jelzin zerfiel die schwache Sowjetunion. Der Westen jubilierte, holte einige der zuvor zur Sowjetunion gehörenden Staaten wie Polen, Estland, Lettland und Litauen in die NATO sowie die EU und machte entgegen gegebenen Zusagen Anstalten, seinen Einflussbereich noch weiter nach Osten auszudehnen. All dies auf der Grundlage sorgloser Hybris: Francis Fukuyama verkündete anfangs das „Ende der Geschichte“, noch Barack Obama bezeichnete Russland herablassend als bloße Regionalmacht und Trottel Trump kündigte Vereinbarungen mit Russland über Rüstungsbeschränkungen oder ließ sie auslaufen.
Inzwischen, rund 31 Jahre nach dem Untergang der Sowjetunion, ist die Lage jedoch eine ganz andere als anno 1991. Auf Boris Jelzin folgte der vom Westen lange unterschätzte Wladimir Putin, der nach den für ihn enttäuschend ausgegangenen Bemühungen, sich dem Westen anzunähern, den Zusammenbruch der Sowjetunion durch erneute Erweiterung des russischen Einflussbereichs wenigstens zum Teil korrigieren will.
Nun aber schwächelt der Westen, während Russland eher stark geworden ist. Die USA sind vor allem mit sich selbst sowie China beschäftigt und selbstverständlich nicht bereit, wegen der Ukraine in kriegerische Auseinandersetzungen mit Russland zu geraten. Gleiches gilt für die anderen NATO-Staaten, deren Streitkräfte sich weitgehend, vor allem in Deutschland, in verheerendem Zustand befinden. Die auch im Übrigen chronisch verschlafene, mit nur geringen Gasreserven ausgerüstete EU (vor allem Deutschland) ist von Exporten nach Russland und noch mehr vom Umfang und den Preisen der russischen Gaslieferungen abhängig, weshalb sie sich höchst ungern für Russland wirklich schmerzhafte Sanktionen leisten wird, zumal ein deutscher Hafen für Tanker mit Flüssiggas noch immer nicht existiert. Wladimir Putin andererseits hat durch die russischen Gasexporte Währungsreserven von 630 Milliarden Dollar angehäuft und daher einen langen Atem. Ohnehin treffen wirtschaftliche Sanktionen Russland erfahrungsgemäß wenig.
Die mittlerweile beendeten Verhandlungen mit Putin waren von vornherein aussichtslos, da die Ukraine und der Westen Russland nichts von Bedeutung (wie eine dauerhafte Neutralität der Ukraine) anboten und Putins invasive Pläne ohnehin seit langem feststehen. Schweden und Finnland, die seit jeher nicht zur NATO gehören, wird Wladimir Putin ungeschoren lassen, ebenso wohl die der NATO bereits beigetretenen Länder. Anderes gilt für ehemalige Teile der Sowjetunion, die bislang nicht Mitglieder der NATO sind. Es ist daher zu befürchten, dass Russland sich früher oder später die gesamte Ukraine einverleiben wird, wenn deren Regierung nicht doch noch brav Pfötchen gibt wie Belarus. Der Westen wird dabei in jedem Fall hilflos zusehen müssen. So können sich vertraute Verhältnisse ändern, wenn man nicht aufpasst.
Abb.: Kiew