Mit den Ursachen für den Untergang von Staaten befasst sich die „Kollapsologie“. Der Evolutionsbiologe Jared Diamond sah sie je nach Einzelfall in Umweltschäden, Klimaveränderungen, feindlichen Nachbarn, abnehmender Unterstützung freundlicher Nachbarn und unzureichenden Reaktionen auf das Vorgenannte. Dabei legte er den Schwerpunkt auf Umweltschäden.
Der Historiker Peter Turchin verortet die den Bestand von Gemeinwesen bedrohenden Umstände vor allem in der kleptokratischen Umverteilung des Vermögens von unten nach oben und der dadurch bewirkten egozentrischen Machtausübung einer – immer größer werdenden – Gruppe von „Eliten“, die sich (wie in den USA) zudem untereinander Kämpfe um die Macht liefern.
Niederländische Forscher sind der Auffassung, es gebe eine generelle Tendenz, dass Staaten mit zunehmendem Alter gebrechlich werden und Defizite immer weniger ausgleichen können. Nach einem Bestand von etwa zweihundert Jahren gingen besonders viele von ihnen dahin oder seien besonders gefährdet, so die Wissenschaftler. Häufige Gründe für diesen Alterungsprozess sind nach ihren Ermittlungen Umweltschäden durch Entwaldung und Bodenerosion, aber auch gesellschaftliche Entwicklungen wie immer komplexer werdende Organisationsformen und zunehmende Ungleichheit, als deren Folge Entscheidungen primär im Interesse von „Eliten“ und nicht aller gefällt werden.
Der Moralpsychologe Jonathan Haidt sieht sogar einen unauflösbaren Widerspruch zwischen der Moral und dem menschlichen Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Abgrenzung – sowohl im Verhältnis zu anderen Staaten als auch nach innen. Der Mensch könne nicht anders als im Konflikt mit Anderen leben – was an den „homo homini lupus“ des Thomas Hobbes erinnert, der den Wolf allerdings nur im Naturzustand des Menschen zu entdecken meinte.
Seit der deutschen Reichsgründung im Jahr 1871 sind bald zweihundert Jahre verstrichen. Die deutsche Bürokratie ist lähmend, die Umweltschäden und die Ungleichheit im Lande sind gewaltig, die Umverteilung von unten nach oben hält an, und die Entscheidungen der deutschen Politiker werden seit Jahrzehnten primär im Interesse der so genannten „Eliten“ gefällt – inzwischen unter dem beherrschenden Einfluss eines Christian Lindner, obwohl der nur rund 5% der Wähler repräsentiert. Hinzu kommt, dass der deutsche Michel gegen all das primär dadurch aufbegehrt, dass er Rechtsextreme wählt, als ob es das Ende der Weimarer Republik und das Schreckensregime der Nazis nie gegeben hätte. Ist solchen Wählern wirklich nicht klar, dass sich eine Diktatur schließlich gegen alle wendet, die mit ihrem immer unmenschlicher und zerstörerischer werdenden Kurs irgendwann nicht mehr einverstanden sind? Hitler, Stalin und Putin lassen grüßen.
Aber die Lage ist ja weltweit noch weit bedrohlicher, da der „homo sapiens“ drauf und dran ist, seine Lebensgrundlagen zu zerstören – eine Entwicklung, der auch die Superreichen nur eine beschränkte Zeit ausweichen können; nur Irre wie Elon Musk träumen vom Umzug auf den unwirtlichen Mars (siehe die Abbildung). Dennoch ertönt überall auf Erden unverändert die Leier weiteren Wirtschaftswachstums, als ob dieses nicht mit erhöhtem Ressourcenverbrauch und weiteren Umweltschäden verbunden wäre.
Der Mensch ist seit jeher weniger Wolf als Gurke, weshalb wir es mit Gregory Fuller halten, der angesichts der ökologischen Katastrophe bereits vor geraumer Zeit heitere Hoffnungslosigkeit empfahl – eine Betrachtungsweise, die unsere Kinder und Enkel freilich bestenfalls zynisch nennen dürften.