Herrliche Welt der Bücher

5. November 2022 | Von | Kategorie: Boskop

Ein zuverlässiges Merkmal häuslicher Bibliotheken sind nie gelesene Bücher. Einst zwecks Vervollständigung einer bestimmten Kategorie erworben und zunächst  nur abgestellt, warten sie geduldig auf ihren Einsatz. Schnürt man nach abgeschlossener Lektüre eines Werkes wie ein hungriger Fuchs an den Regalen entlang, geschieht es nicht selten, dass eines dieser Bücher sich optisch hervorhebt  und man es erwartungsvoll  zur Hand nimmt.

Ein dicker, gelber Band  mit dem Titel „Alles von Karl Valentin“ war es diesmal, der  zwischen allerlei Schriften von Joachim Ringelnatz, Christian Morgenstern, Kurt Tucholsky,  dem frühen Heinrich Böll, Flann O´Brien, den seligen Mitgliedern der „Frankfurter Schule“ (Robert Gernhardt, F.W. Bernstein und F.K. Waechter), von Monthy Python, David Sedaris, Loriot und Woody Allen leuchtete und darum bat, endlich  erforscht zu werden. Und siehe da, es geschah und lohnte sich.

Das Buch enthält Monologe und Geschichten, Jugendstreiche, Couplets, Dialoge, Szenen und Stücke, seinerzeit großenteils aufgeführt mit der kongenialen Liesl Karlstadt, und Lichtbildreklamen (Annoncen), vieles davon sehr komisch – alltäglich-bayerisch, aber wunderbar schräg und umständlich. Hier Beispiele aus der ersten, dritten und letzten Abteilung:

  „Die Radfahrerei betreib ich schon seit meiner Jugend. Als ich kaum ein Kind von 19 Jahren war, beschloß  ich, mit meinem Dreirad nach Nürnberg zu fahren. Pro Stunde leistete dieses Veloziped 4 km, und ich dachte, bei gutem Rückenwind in 9 Tagen in Nürnberg einzutreffen. Ich konnte damals erst übermorgen starten, denn der Abschied von meinen Eltern dauerte einen Tag, der von meiner Braut – eine Nacht. Keine Behörde, kein Bürgermeister, nur ich selbst hatte mich am Startplatz eingefunden. Das Wetter war herrlich – fast schön. Leise Winde durchhuschten die Speichen meiner Überlandmaschine. Ein kühner Sprung auf mein Stahlroß, noch ein Rückblick auf die Heimat, und mein Vehikel durchschnitt die Atmosphäre.  .….“

„Weil wir GRAD vom Aquarium redn, ich hab nämlich früher in der Sendlinger Straße gwohnt, nicht in der Sendlinger Straße, das wär ja lächerbar, in der Sendlinger Straße könnt man ja gar nicht wohnen, weil immer die Straßenbahn durchfährt, in den Häusern hab ich gwohnt in der Sendlinger Straße. Nicht in allen Häusern, in einem davon, in dem, das zwischen den andern  so drinsteckt, ich weiß net, ob Sie das Haus kennen. Und da wohn ich, aber nicht im ganzen Haus sondern nur im ersten Stock, der ist unterm zweiten Stock und ober dem Parterre, so zwischen drin, und da geht in den zweiten Stock eine Stiege nauf, die geht schon wieder runter auch, die Stiege geht nicht nauf, wir gehen auf die Stiege nauf, man sagt halt so.

Und  da hab ich, in dem Wohnzimmer, wo ich schlaf, ich hab ein extra Wohnzimmer, wo ich schlaf, und im Schlafzimmer wohn ich, und im Wohnzimmer hab ich zu meinem Privatvergnügen ein Aquarium, das steht so im Eck drin, das passt auch wunderschön in das Eck hinein.    …..

Vorgestern ist mir nun ein Malheur passiert, ich hab gsehn, dass die Fisch mehr Wasser brauchen, und ich hab einen Wassereimer voll nachgfüllt, derweil war das zuviel, jetzt ist das Wasser so hoch (zeigend) über das Aquarium herausgstandn, das hab ich aber erst den andren Tag gemerkt, und ein Goldfisch ist über den Rand nausgschwommem und ist am Boden nuntergfallen, weil wir in dem Zimmer, wo das Aquarium steht, haben wir unten einen Boden, und da ist er dann dortglegn, aber erst, wie er´s Fallen aufghört hat.

Jetzt hat aber der Fisch am Boden kein Wasser ghabt, weil wir so außer im Aquarium habn  wir weiter kein Wasser im Zimmer.  Dann hat meine Hausfrau gsagt: „Sie werden sehn, der Fisch wird am Boden drunt kaputt, es ist das beste, Sie bringen den Fisch um.“  Daß er nicht so lang leiden muss, hab ich mir gedacht, mit´n Hammer erschlagn? Schließlich haust dich aufn Finger, also erschieß ich ihn. Dann hab ich mir aber gedacht: Schließlich triffst ihn nicht, dann muss er erst recht leiden, da ist´s schon gscheiter,  hab ich gsagt, ich nehm den Fisch und trag ihn in die Isar und tu ihn ertränken.“

„TOILETTENFRAU,

die gutbürgerlich kochen kann,

zum Kegelaufsetzen gesucht.

Kaution kann gestellt werden.“

„Opel-Limousine, fast neu, nur einmal an einen Baum gefahren,

wegen Geistesaufgabe des Besitzers billig zu verkaufen.

Frau N. Pech, Autobesitzerswitwe.“

ZUGEHFRAU,

die auch wieder weggeht, sofort gesucht.

Vorzustellen bei M. Tuker, London

Feldmochinger Street SE 9587 I/7942

„Freiwillige Feuerwehr „Olchhausen“

empfiehlt sich bei Bränden aller Art.

Spezialität: Großfeuer und Kaminbrände.

Kostenvoranschläge und Preiskatalog gratis.

Postkarte genügt.“

„Stricke zum Aufhängen

liefert Seilermeister Huber

Viele Dankschreiben und Anerkennungen liegen auf.“

„Alleinstehende  Frau, welche sich endlich  mal  niedersetzen will,

sucht Sessel oder Stuhl zu kaufen. Foto erwünscht. Niedelgeigenstr. I/8“

Und hier noch eine unnachahmliche Strophe aus dem Gedicht „Romance in c-moll oder das Lied vom Sonntag“:

„An der elektrischen Straßenbahn,

Da hängt oft hint ein Wagen dran,

Der Wagen der da hängt daran,

Anhängewagen heißt er dann.

Er hängt daran nur dann und wann

An der elektrischen Straßenbahn.

Doch hängt er einmal nicht daran,

Was auch sehr oft stattfinden kann,

Dann kann es doch nicht anders sein,

Dann fährt der vordre Wagen allein.“

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