Frisch ist ein Hecht innen rosa. Friert man ihn ein, wird er im Laufe der Zeit hellgrau, schmeckt aber noch. Wartet man freilich zu lange mit dem Verzehr, dient der ehemals köstliche Fisch bestenfalls noch als Schweinefutter.
Die SPD, nach dem Godesberger Programm zunächst immerhin noch rosafarbene „Volkspartei“, ist nach all den Jahren, in denen ihr Führungspersonal Wähler in der „Mitte“ (und lukrative Regierungsämter) suchte, eiskalt und hellgrau geworden, eine Partei vor allem der Wirtschaft, der finanziell starken, sozial aber schwachen „Eliten“, deren Narzissmus alles andere verdient als diese Bezeichnung. Wie einst unter Friedrich Ebert ließ sich die SPD vor den konservativen Karren spannen. Ebert ließ Aufstände revolutionärer Sozialisten mit Waffengewalt niederschlagen und Gerhard Schröder schuf die Agenda 2010. Beide hätten diese Aktionen wahrlich anderen überlassen sollen. Da erstaunt es kaum, dass der unselige Sigmar Gabriel seine Doppelrolle als Wirtschaftsminister und Parteivorsitzender nicht als unerträglichen Spagat empfindet. Es fällt ihm unter anderem sichtlich leicht, CETA durchzuwinken – zugunsten der Großkonzerne, aber zum Schaden der Demokratie und der wirtschaftlich weniger Starken, beispielsweise des deutschen Mittelstands, der sich die Risiken der in CETA vorgesehenen gerichtlichen Verfahren gegen Diskriminierungen schlicht nicht leisten kann. TTIP wird folgen, sobald die Amerikaner das erforderliche Mindestmaß an Kompromissbereitschaft zeigen, ebenso TISA.
Kein Wunder, dass die SPD, die vor Jahrzehnten bereits das Thema Umwelt verschlief und so den Grünen zu ihrem Erfolg verhalf, das Erstarken der Linkspartei erlebte, die mittlerweile ebenfalls viele Wählerstimmen abräumt, obwohl sie chronisch zerstritten ist. Die CDU unter Angela Merkel stöbert seit geraumer Zeit ebenfalls in der „Mitte“ nach Wählern und ist dabei grau geworden, wodurch – FJS dreht sich im Grabe – rechts von ihr viel Platz entstand. Als Folge, aber auch wegen des von Angela Merkel 2015 ungeschickt demonstrierten Kontrollverlustes, wird die CDU inzwischen kräftig von der rechtspopulistischen AfD angenagt. Sogar die Grünen sind auf dem Weg ins Graue, wo sie früher oder später ebenso zerrieben werden wie die SPD und die CDU.
Selige Zeiten, als die SPD noch rot, zumindest rosa, und die CDU noch schwarz war. Der zwischen ihnen irrlichternde Zünglein-an-der-Waage-Zwerg FDP, der bundespolitisch hoffentlich im Reich der Untoten bleibt, war gewiss ein Ärgernis, aber alle drei Parteien repräsentierten doch noch eine gewisse Intelligenz und ein Mindestmaß an längerfristiger Vorausschau und Pflichtbewusstsein – Eigenschaften, die inzwischen einer nur noch herumwurschtelnden, egomanischen Verantwortungslosigkeit Platz gemacht haben. All das ist in vielen weiteren europäischen Ländern nicht anders, erst recht in den USA, siehe Trump.
Wenn es richtig ist, dass Völker just die Parteien haben, die sie verdienen, gibt es Anlass, den baldigen Niedergang des Westens vorauszusagen. Auch das westliche Römische Reich war wirtschaftlich noch erfolgreich, bevor es sehr schnell unterging.
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Da wir einstweilen das Dasein genießen sollten, hier ein Rezept, das den Esox zu einer herrlichen Speise werden lässt:
Man salze und pfeffere den (frischen oder aufgetauten, mit Kopf und Flossen servierten) Hecht innen und außen reichlich, fülle ihn dann mit Dill und Petersilie, lege ihn gebogen mit dem Rücken nach oben auf weiße, ca. 1 mm dicke weiße Speckscheiben in eine Reine, bedecke ihn (nicht den Kopf) mit ebensolchen weißen Speckscheiben und brate ihn bei knapp 200 Grad im Ofen, je nach Größe 60 bis 90 Minuten lang. Zwischendurch übergieße man ihn mehrfach mit Weißwein, auch noch kurz, bevor man ihn aus dem Ofen nimmt, auf der Servierplatte nochmals in den Ofen schiebt und bei wesentlich geringerer Temperatur warm hält. Den Sud in der Reine gieße man ab, füge erneut (mäßig) Salz und Pfeffer sowie Sahne und Wein hinzu, zerkleinere den Speck mit einem Rührstab und gebe ihn in die Soße, die sodann nochmals erhitzt werden sollte. Den Hecht serviere man mit Salzkartoffeln und gemischtem, saurem (nicht gezuckertem) Salat. Pro Person sollte man mit etwas mehr als einem Pfund Hecht Lebendgewicht rechnen, da das Ganze äußerst schmackhaft und für die Beteiligten zumeist eine seltenes Ereignis ist, dem erfahrungsgemäß kräftig zugesprochen wird. Und nicht vergessen sollte man – jedenfalls im wunderbaren Ostholstein – einen klaren Schnaps, den man den Gästen nach dem Essen anbieten kann. Übrigens: Die gängige Meinung, der Hecht habe schrecklich viele Gräten, ist falsch, da die Gräten durchaus nicht besonders zahlreich, aber groß sind und Ypsilon-Form aufweisen, d.h. leicht auszumachen und zu beseitigen sind.