Die Weltgesundheitsorgansiation empfiehlt, nur 10 bis 15 % der Geburten chirurgisch durchzuführen. In Deutschland werden dagegen inzwischen rund 29 % der Babys operativ in die Welt befördert.
Ursache für die überhöhte Zahl von Kaiserschnitten ist die Ökonomie: Arzt und Krankenhaus erhalten dafür deutlich mehr Geld als für eine natürliche Geburt. Außerdem ist ein Kaiserschnitt im Normalfall in 20 bis 30 Minuten während der normalen Arbeitszeiten des Arztes erledigt, während eine natürliche Geburt nicht selten viele Stunden dauert und dabei auch Feierabende und Nachtzeiten nicht schont.
Laut Herbert Kentenich, Chefarzt einer Berliner Frauenklinik, liegt die Kaiserschnittrate in manchen Privatkliniken bei rund 50 %; er hat in diesem Zusammenhang von „Raubrittertum“ gesprochen.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist nicht zuletzt, dass der Kaiserschnitt ein schwerwiegender Eingriff mit entsprechenden Risiken ist. Immerhin werden dabei die Bauchdecke und die Gebärmutter durchtrennt. Überdies werden Frauen nach einem Kaiserschnitt seltener und später wieder schwanger, was bei älteren Gebärenden wiederum Komplikationen zur Folge haben kann. Auch leiden die qua Kaiserschnitt Geborenen nicht selten unter gesundheitlichen Problemen: Nach dem Kaiserschnitt haben sie überproportional häufig Schwierigkeiten mit der Atmung.
Es kommt hinzu, dass nur 7 % der Frauen, die noch nicht im Kreißsaal liegen, dem Kaiserschnitt zustimmen; dass dieser Prozentsatz nach Schwierigkeiten während der Wehen und entsprechender Erschöpfung der Mutter signifikant ansteigt, ändert wenig daran, dass es nicht die Frauen sind, die für die überhöhte Zahl der Kaiserschnitte verantwortlich sind.
Die Süddeutsche Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 14./15. August über das Vorstehende, enthielt sich aber jeden Kommentars dazu. Er hätte etwa so ausfallen können:
Es ist kein Geheimnis, dass die Geldgier in unserem Lande seuchenartig nach und nach alle Lebensbereiche durchdringt. Die hier geschilderten Tatsachen, die wieder einmal ein unschönes Licht auf die Ärzteschaft werfen, sind jedoch schlicht skandalös. Das Gebot, den Patienten nicht zu schädigen, ist seit Hippokrates oberster Grundsatz der ärztlichen Ethik. So heißt es in der erstmals im Jahr 1948 verkündeten „Genfer Deklaration des Weltärztebundes“:
„Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein“
Umfragen ergeben immer wieder, dass den Ärzten in Deutschland nach wie vor erhebliches Vertrauen entgegengebracht wird. Es darf bezweifelt werden, ob dieses pauschale Vertrauen heute noch uneingeschränkt gerechtfertigt ist. Es werden nicht nur in erheblichem Umfang nicht erbrachte Leistungen abgerechnet, sondern ärztlichen Diagnose- und Therapieempfehlungen liegen auch alzu oft nicht zuletzt ärztliche Interessen finanzieller Natur zugrunde.
Die Zahl derer wächst, die Ärzte nur noch in Anspruch nehmen, wenn es unvermeidbar erscheint, und diese Haltung hat einiges für sich, zumal auch die so genannte Vorsorge ein zweischneidiges Schwert ist: Eine Oberärztin in einem namhaften Münchener Krankenhaus hat den Verfasser dieser Zeilen bereits in einer Zeit, in der die Raffgier noch nicht so verbreitet und ausgeprägt war wie derzeit, vor Vorsorgeuntersuchungen gewarnt („Die suchen so lange, bis sie etwas finden, und dann beginnt nur allzu häufig eine Folge von Diagnose- und Therapiefehlern….“).
Unbestreitbar ist andererseits, dass Krankheiten wie Darmkrebs tatsächlich nur bei frühzeitiger Erkennung geheilt werden können. Im Ergebnis ist der mündige Patient aufgefordert, seinen Weg durch den Dschungel zu suchen. Ärztliche Kenntnisse sind dabei durch nichts zu ersetzen, aber Mitdenken und gesundes Misstrauen des Patienten sind nach Lage der Dinge dringend angeraten.