Seit Juli 2008 sind die Ölpreise von $ 146 auf $ 113 pro barrel gefallen. Die von wenigen Anbietern diktierten Preise für Benzin, Diesel und Heizöl sind dagegen nur wenig gesunken. Gäbe es in diesem Sektor in Deutschland etwas, das den Namen Wettbewerb verdient, wäre eine solche Entwicklung undenkbar. Und was unternimmt die deutsche Politik, was unternehmen die deutschen Kartellbehörden gegen die offensichtlich illegalen Verhaltensweisen der Oligopolisten? Wie üblich: Nichts – wenn man einmal davon absieht, dass der Meisterpopulist Jürgen Rüttgers die Mineralölkonzerne soeben aufgefordert hat, endlich die Preise für Benzin und Heizöl zu senken. Selbstredend weiß er, dass ein solcher Appell allenfalls das nächste Wahlergebnis für die CDU verbessert.
Auch die großen Erdgas- und Stromlieferanten werden sich fraglos nicht marktkonformer verhalten. Im Bereich Energie gibt es in Deutschland eben weder Wettbewerb noch einen effektiven kartellrechtlichen Schutz der Verbraucher, die infolgedessen systematisch ausgeraubt werden. Im Laufe der letzten fünf Jahre sind die durchschnittlichen Kosten der deutschen Haushalte für Wohnenergie und Treibstoff um mehr als 50 % gestiegen!
Unter den gegebenen, von der deutschen Politik seit Jahren hingenommenen und sogar geförderten Umständen wäre es wichtig, die Bahn als einigermaßen sozial orientierte Konkurrenz zu den Mineralölkonzernen zu erhalten. Aber was tun unsere Politiker: Sie privatisieren auch diese, trotz der verheerenden Resultate der Privatisierung im Strom- und Gasbereich, und obwohl eine privatisierte Bahn sich fraglos in die Reihe der Ausbeuter der Bevölkerung einfügen wird – ohne endlich die dringend erforderlichen Investitionen in Schienen und Züge vorzunehmen. Die enormen Lärmbelästigungen der Bevölkerung durch die von der Bahn weithin noch immer eingesetzten, völlig veralteten Züge und Gleisanlagen sind seit langem schlicht unzumutbar. Auch die Stromlieferanten haben ja trotz exorbitanter Gewinne kaum in die Netze investiert.
Das, Frau Merkel und Herr Westerwelle, geschieht, wenn man die Märkte walten lässt: Es bilden sich Oligopole, welche die Bevölkerung rücksichtslos ausnehmen und dabei nicht einmal die von ihnen genutzten technischen Anlagen modernisieren. Bei alledem wird die deutsche Bevölkerung dreifach geschädigt: Erstens direkt durch überhöhte Preise, zweitens indirekt über die Steuern, die erhöhte Leistungen an die sozial Schwachen zum Zweck des Ausgleichs der Preiserhöhungen finanzieren, und drittens durch das Vergammeln der einschlägigen deutschen Infrastrukturen.
Aber Herr Mehdorn wartet die Privatisierung ja nicht einmal ab: Zahlreiche Preiserhöhungen in den letzten Jahren haben die Bahn auf Kosten der deutschen Bevölkerung zu einem profitablen Unternehmen gemacht, und dennoch hat Herr Mehdorn soeben erneute Preiserhöhungen für Dezember 2008 angekündigt, um die Erträge aus dem geplanten Börsengang der Bahn zu erhöhen. Vertreter der Oppositionsparteien mäkeln zwar populistisch an der Bahn herum, die Regierenden jedoch werden wieder nichts tun. Verkehrsminister Tiefensee (SPD !) hat die Preiserhöhung bereits verteidigt, und Finanzminister Steinbrück (SPD !) begrüßt hohe Privatisierungserlöse ebenso, wie er (wegen der Mineralöl- und Mehrwertsteuer) hohe Sprit- und Heizölpreis schätzt.
Ohnehin ist der Finanzminister gerade anderweitig beschäftigt: Er kümmert sich um die Okkupation auch noch eines Bundestagsmandats für ihn bei der nächsten Bundestagswahl, so dass ihn hohe Bahnpreise persönlich nie nennenswert treffen werden; wird ihm von der SPD wie zu erwarten einen geeigneter Listenplatz eingeräumt, kann das Wahlvolk diese Eroberung praktisch nicht verhindern. Dass ein Ministeramt mit einem gleichzeitigen Abgeordnetenmandat nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung unvereinbar ist, interessiert Herrn Steinbrück und seine Partei offenbar nicht. Andere sind ihm ja auch mit schlechtem Vorbild vorangegangen, was Einsichten bekanntlich nicht eben fördert.
Der deutsche Steuerzahler finanziert unverändert eine Politikerkaste, die allzu sehr ihre Eigeninteressen verfolgt, sich dabei nach Kräften aus dem Steuersäckel bedient und gleichzeitig immer unwilliger oder unfähiger wird, ihrer Verantwortung gegenüber dem deutschen Volk gerecht zu werden.
Das chronische Versagen unserer Politiker wäre eines gewaltigen Aufbegehrens der Bevölkerung würdig. Aber die in Deutschland Lebenden nehmen das Desaster schweigend, bestenfalls grummelnd, hin – eine erstaunliche Passivität.