Ein Spielfeld für Sonderlinge ist bereits die Renaissance der Schallplatte. Zwar produziert sie einen geringfügig wärmeren und natürlicheren Klang als die erheblich kleinere Compact Disc (CD). Aber die zunehmenden Störgeräusche bei häufigerem Abspielen des Vinyls, die größere Anfälligkeit der Platte gegenüber Kratzern, ihre Neigung zu statischer Aufladung und zur Verschmutzung der Rillen, all dies sollte doch nicht vergessen werden. Wer jedoch einen der wieder entstandenen Plattenläden (second hand) besucht, sieht sich schnell von fanatischen Vinyl-Fans umgeben, die keinen Zweifel oder gar Widerspruch dulden.
Merkwürdigerweise wird nun auch die Compact Cassette exhumiert, obwohl ihre Nachteile ebenso gewaltig wie evident sind. Zwar ist ein Tonband eben auch Aufnahmemedium, aber das bei der Kompaktkassette eingesetzte schmale Bändchen liefert von Anfang an, erst recht nach mehrfacher Nutzung, nicht mehr als einen eher dumpfen Klang. Einzelne Stücke sind zudem nur durch umständliches Spulen aufzufinden, ganz zu schweigen von der Tendenz der Kassette zum Bandsalat, der gern auch in Abspielgeräte dringt. Wer sich all das zurückwünscht, muss schräg sein.
Weit eher verdiente die kleine, durch ein Gehäuse gegen Kratzer geschützte recordable MiniDisc (MD) eine Wiederbelebung; die auf ihr gespeicherte Musik erlaubte individuelle, vielfach editierbare Zusammenstellungen von Musik insbesondere auf der Grundlage jederzeit greifbarer Tonträger wie der CD. Die gespeicherte Musik basierte zwar auf einer Datenkompression, die jedoch aufgrund der von Sony entwickelten feinen Atrac-Technik praktisch nicht hörbar ist. Überdies ermöglicht die MiniDisc es mit dem kleinen Sony MZ-RH1 und der ergänzenden Software SonicStage (zuletzt: Version 4.3) ein Überspielen aufgenommener Musik vom MD-Gerät in den PC und dort die Herstellung von CDs oder eine Transformation und Abspeicherung der Musik in Formate wie WAV oder MP3.
Die Märkte aber wollen stets Neues, und so verdrängte die CD (auch die mehrfach bespielbare CD-RW) die MiniDisc. Die letztere hielt sich noch einige Jahre in Japan, seit einer Reihe von Jahren aber werden keine MiniDiscs und die zugehörigen Geräte mehr hergestellt, und SonicStage ist nur noch auf schwierigen Wegen erhältlich, wird überdies seit 2007 von Sony nicht mehr betreut und läuft auf Windows 10 nur noch mit allerlei Tricks.
Mittlerweile ist allerdings im Musikmarkt auch die CD auf dem Weg zur Beisetzung. Streamen ist „in“, flankiert vom stillen Untergang der klassischen Stereoanlage. Musik wird immer häufiger per Handy oder Laptop und Bluetooth direkt über Aktivlautsprecher abgespielt.
Diese Entwicklung zur Abkehr vom jederzeit greifbaren Tonträger mit Erläuterungen hinsichtlich des Gespeicherten befördert eine oberflächliche Beliebigkeit des Musikerlebnisses und passt damit bestens in eine Gesellschaft, in der bloßes Konsumieren viel Erhaltenswertes verdrängt. Aber nur Mut. Selbst wenn die CD nun zu Grabe getragen wird: Sie wird gewiss auferstehen.
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