Bundestagswahl und so weiter

28. September 2017 | Von | Kategorie: Teleskop

 

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Das Ergebnis der Bundestagswahl war so wenig überraschend wie die Reaktionen der „Volksparteien“ SPD und CDU/CSU darauf.

Die Hoffnung, allein das Niederknien auf Oppositionsbänken gewährleiste den Wiederaufstieg der SPD, ist pure Illusion. Ohne eine programmatische Rolle weit zurück, verbunden mit aktualisierten Konzepten, und eine grundlegende auch personelle Neuausrichtung wird es nichts damit. Zu Ersterem  ist das derzeitige, alles andere als sozial denkende Führungspersonal der SPD  –  wie sich an der überfallartigen Einsetzung der überaus ehrgeizigen, schon lange in der „Mitte“ angekommenen Andrea Nahles als Fraktionsvorsitzende ablesen lässt –  aber nicht bereit. Letzteres scheitert daran, dass die SPD  keinen nennenswerten linken Flügel mehr hat, erst recht kein deutscher Jeremy Corbin in Sicht ist, und nicht einmal  Jusos vorhanden sind, die angesichts des desaströsen Wahlergebnis Flagge zeigen. Gleichgültig, wie lange der für die üblichen innerparteilichen Machtkämpfe unzureichend gerüstete, bereits um sich schlagende  Martin Schulz sich als Parteiversitzender noch hält:  Das Barometer der „Alten Tante“ steht  weiterhin auf Dauerregen.

Angela Merkel ist, zunehmend an ihren Lehrer Kohl erinnernd,  sichtlich nur an der Tatsache interessiert, dass sie wieder Bundeskanzlerin wird und mag wie gewohnt keinen Anlass zu nennenswerter Selbstkritik erkennen, obwohl nicht nur der weitere Aufstieg der AfD, sondern auch die scheinbare Wiederbelebung der Leiche FDP nicht zuletzt  auf ihr Konto geht.  Und  Stammtisch-Horst sitzt fest  in der von ihm selbst gebauten Falle. Ob er in den Koalitionsverhandlungen mit der FDP und den Grünen vergeblich auf der Höchstgrenze besteht oder zumindest de facto auf sie verzichtet und damit ebenfalls eine Niederlage kassiert: Er geht unter, zumal er noch immer nicht verstanden hat, dass die Anbiederung der CSU an die rechte Szene in der Flüchtlingsfrage  sinnlos ist, da die AfD ihren Erfolg vor allem den Vielen verdankt, die sich zu Recht sozial benachteiligt fühlen; die Zahl der echten, rassistischen Neonazis ist unverändert überschaubar. Tatsächlich  dürfte Seehofer  politisch bereits bei den Fischen sein; Erfolglosigkeit bestraft die CSU wie der FC Bayern seit jeher gnadenlos. Ihn unter diesen Umständen, dazu beladen mit den Lasten der unsinnigen Autobahnmaut & Höchstgrenze und seines chronischen, teils aggressiven und insgesamt höchst unglaubwürdigen  Wackelkurses gegenüber Angela Merkel, noch in die Koalitionsverhandlungen  zu schicken, ist aus der Sicht der CSU wenig vernünftig, aus der Söders höchst willkommen; er muss nur noch ein wenig warten und hat das bestens begriffen. Aber auch Söder ist kein Stern am Himmel der CSU.

Am Ende langer, von Stagnation begleiteter Verhandlungen wird angesichts des Lockrufs der Ämter und Bezüge und des Schreckens von Neuwahlen eine Jamaika-Koalition stehen, bei der große Mengen angeblich unverrückbarer Grundsätze, auch die Höchstgrenze,  mehr oder weniger still über Bord geworfen werden. Und dann wird weiter „regiert“ werden wie unter Angela Merkel seit 2005: Im Wesentlichen durch gehorsamen Vollzug der Vorgaben der Wirtschaft und des Finanzkapitals  zu Lasten der großen Mehrheit des Volkes, die über keine Lobbyisten verfügt; die  Bundestagsabgeordneten erfüllen diese ihre  Aufgabe ja  schon  lange  nicht  mehr. Die  gänzlich überflüssige und daher überaus profilierungssüchtige  FDP wird überdies in der Koalition für unproduktive Unruhe und noch mehr Stillstand als  in der Großen Koalition sorgen.

Aufgehalten wird der Aufstieg der AfD in diesem Umfeld nur, wenn sie sich selbst restlos zerlegt. Dies ist zu hoffen, aber solange wenig wahrscheinlich, wie  es den herrschenden „Eliten“ mit tatkräftiger Hilfe der von ihnen weithin gesteuerten Medien gelingt, die wahren Gegner  der vielen sozial „Abgehängten“ zu verschleiern und als Projektionsfläche für deren Frustrationen und Ängste die Flüchtlinge zu präsentieren. Unverständlich ist, warum  Die Linke als einzige  die vorhandenen  Machtverhältnisse immerhin thematisierende Partei kaum versucht, der großen Mehrheit der AfD-Wähler, die nicht völkisch und  rassistisch unterwegs ist, eine bessere Orientierung zu vermitteln und sich selbst immer wieder in der Flüchtlingsdiskussion verheddert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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