Der homo sapiens strebt beständig nach dem Neuen, noch Unbekannten und versäumt dabei nur allzu oft, den Blick mit Stolz auch auf das bereits Erreichte zu richten. Daher werden wir fortan in unregelmäßigen Abständen die Historie ausgewählter genialer Errungenschaften des Menschen näher beleuchten, dabei aber auch Rückschläge nicht unerwähnt lassen, die auf dem Wege zu ihrer Vollendung überwunden werden mussten.
Als erstes Beispiel diene der Sessel. Dieser inzwischen weltweit Wohnstuben nahezu aller Art zierende Gegenstand erscheint uns Heutigen als keinerlei Hinterfragung zugängliche, schlichte Sitzgelegenheit, die es dem Gesäß erlaubt, den Gesetzen der Schwerkraft getreu gen Erdmittelpunkt zu zeigen. Dabei wird verkannt, dass diese Funktion hart erkämpft wurde und noch in unseren Tagen durchaus nicht selbstverständlich ist.
Die Jäger und Sammler pflegten noch auf dem Boden zu ruhen. Erst als der Mensch sesshaft wurde, ersann und konstruierte er nach und nach ein Sitzmöbel mit Rückenstütze und Armlehnen (engl.: „armchair“), nachdem das bloße Auftürmen von Fellen zu häufigen Abstürzen geführt hatte. Allerdings wurde der Sessel zunächst quer als Liegestatt eingesetzt (siehe Abb. oben), was sich bei längerer Nutzung als unbefriedigend erwies. So entstand die geniale Eingebung, die größte Ausdehnung des Menschen den Gegebenheiten des Möbels besser anzupassen, wobei die ersten Lösungen freilich noch einen gewissen Rückschritt darstellten (siehe beispielhaft die Abb. 2) und den Erfindungsreichtum des homo sapiens weiterhin auf eine harte Probe stellten.
Abb.2
Nachdem der Sessel im Zuge der weiteren Entwicklung endlich als Sitzobjekt etabliert war, wurde er aufgrund der damit verbundenen verbesserten Übersicht jedoch – insbesondere zu Forschungszwecken – auch immer wieder als Stehmöbel genutzt, nach zuverlässigen Quellen zuerst von Livingstone, als er 1851 den Oberlauf des Sambesi erreichte. Unsere Abbildung 3 ist später entstanden; sie zeigt Max Planck kurz vor der Entdeckung des planckschen Wirkungsquantums (Nobelpreis für Physik 1918), ohne das wir heute wahrlich dumm dastünden.
Abb. 3
Schließlich sei nicht unerwähnt, dass der Sessel noch in jüngster Zeit innovativen Zwecken zugeführt wurde: In der Finanzkrise des Jahres 2008 diente er dem Frankfurter Banker Dagobert D. als Oase des Rückzugs ins Private, siehe Abb. 4
Abb.4
Das Vorstehende entbehrt unvermeidlich jedweder Vollständigkeit, erdachte der Mensch im Laufe des Anthropozäns doch zahlreiche weitere Nutzungen des Sessels, die hier – aus didaktischen Erwägungen, aber auch zum Zwecke des Jugendschutzes – nicht sämtlich wiedergegeben werden sollen. Nur so viel: Zum Sitzen ist er unverändert regelmäßig geeignet.
Bang war noch unlängst die Frage, was das digitale Zeitalter für den Sessel bedeutet, zumal die Bequemlichkeit virtueller Sitzmöbel einigermaßen ungewiss ist. Glücklicherweise kommen die hierzu vorliegenden Untersuchungen mehrheitlich zu dem Schluss, dass der Sessel zumindest so lange auch in seiner analogen Ausprägung erhalten bleiben wird, wie auch der Mensch zumindest überwiegend entsprechender Konsistenz ist, was nach allen Voraussagen noch einige Zeit der Fall sein wird. Setzen wir uns also zumindest einstweilen beruhigt in das gute Stück hinein.