Liest sich gut

Der vom Kabarettisten und Schriftsteller Heinz Strunk gewählte Titel irritiert zunächst: Thomas Manns wunderbarer Roman verdient weder eine Persiflage noch ein Remake. Beides ist „Zauberberg 2“ allerdings  auch nicht. Für Ersteres fehlt es trotz häufiger  humoristischer Eskapaden („Wenn die Ebbe kommt,  dann  zeigt sich, wer ohne Badehose schwimmt.“) in der Substanz des Gebotenen an Leichtigkeit, Letzterem stehen gewichtige Unterschiede zur Vorlage entgegen. Beispiele: Bei Strunk besteht der Berg aus dem vorpommerschen Flachland, und das Schloss, die  Heilanstalt, die der Protagonist  Heidbrink aufsucht, dient nicht der Behandlung physischen, sondern psychischen Leidens, wobei die gebotenen Therapien ebenso zahlreich wie wenig überzeugend sind.  

Den  sämtlich  finanziell gut gestellten Patienten, denen Strunk  Näheres widmet, attestiert er  im Kern unisono Ekel  gegenüber dem Leben, das ihnen als ein einziges, von  Geburt bis Krankheit und Tod reichendes Elend erscheint. Dem fühlen sie sich so  hilflos ausgeliefert, dass sie  bis zur drohenden  oder vollendeten Schließung der Anstalt in ihr heillos verharren, unverrichteter Dinge verschwinden  oder sich wie einer (Klaus)  ins Koma qualmen und saufen. Und  da Strunk in seinem Roman nirgendwo einen Gegenpol zu solch trauriger Unbedarftheit  schafft, entsteht der – hoffentlich unzutreffende – Eindruck, als gebe  er damit auch  seine eigene Ansicht wieder,  umso mehr, als Strunk auf eine Schilderung konkurrierender weltanschaulicher Betrachtungen verzichtet, wie Mann sie  den Diskutanten Naphta und Settembrini in den Mund legte.

Anders als Thomas Mann begnügt sich Strunk mit 276 Seiten, was zwar nicht überall bruchlos  gelingt, aber der heutigen Zeit entgegenkommt. Ob das auch für die mehrfache Schilderung männlicher Selbstbefriedigung – mit oder ohne Matratze – gelten sollte, ist Geschmackssache.  Sprachlich verfügt Strunk nicht annähernd über die Mann´sche Perfektion, die aber auch nicht  mehr recht  in unsere Zeit passt; wer heute Mann oder Hofmannsthal liest, spürt dien Abstand von der Gegenwart  auch insoweit schnell.

Trotz allem: „Zauberberg 2“ ist ein Roman, den man   mit Vergnügen lesen und danach mit einem gewissen Bedauern  aus der Hand legen kann, zumal er  durchaus für sich steht, weshalb  die  Anknüpfung an Thomas Mann womöglich nicht zuletzt ein Marketingvehikel ist. Kein Zufall, dass Rezensionen prompt in der SZ, der Welt, der  FAZ und in der ZEIT erschienen sind….