Vorhang auf: Bericht aus Berlin. Interview mit einem Regierungsmitglied, Kanzler(in) oder Minister(in). Maske: Perfekt, keinerlei Glanz auf den Gesichtern. Hintergrund: Stattliche Regierungsgebäude. Die erste Frage: Unverfänglich, klare, kurze Antwort. Die zweite: Kritisch. Die Antwort: Wortreich, aber ausweichend, an der Frage vorbei. Nachfrage, häufig bar genügender Sachkenntnis. Antwort: Erneut weitschweifig, unverändert ohne Beantwortung der Frage. Beidseitiger Dank, Vorhang fällt, Zuschauer ratlos. Vierte Gewalt? Ein leicht mafiöser Hauch umweht den Fernseher.
Bei Interviews mit Vertretern kleiner oder unliebsamer Oppositionsparteien wie der Linken oder der AfD wird bisweilen zweimal und im Ton schärfer nachgefragt, ansonsten siehe oben.
Zur vertiefenden Ergänzung sei „Was Politiker nicht sagen …weil es um Mehrheiten und nicht um Wahrheiten geht“ des vergnüglich plaudernden Gregor Gysi (Econ, 265 Seiten, € 22) empfohlen, der allerdings die Journaille eher ungeschoren lässt.