Eklat bei Christie´s in London: Während der Versteigerung eines hoch taxierten Werkes des italienischen Malers Franco Cosetti (1746 – 1821), der aufgrund seiner lebendigen Tierdarstellungen Weltruhm erlangte, geschah Unerhörtes.
Ein ausgewachsener afrikanischer Elefant (Loxodonta africana), der in einem für zwanzig Millionen US-Dollar aufgerufenen Gemälde Cosettis portraitiert war, verließ nach einem Gebot über einundzwanzig Millionen gemächlichen Schritts zunächst den goldenen Schnitt und sodann das gesamte Bildnis, das dabei in deutliche Schieflage geriet. Unsere von einem Anwesenden gefertigte Gedächtnisskizze zeigt den Dickhäuter kurz vor seinem vollständigen Abgang. Da der seither Verschwundene ein Gemälde hinterließ, auf dem nur noch die Abendsonne und – auch am vormaligen Standort des Elefanten – Steppe und Himmel zu sehen waren, entstand erhebliche Unruhe im Saal, worauf die Versteigerung unter Annullierung des Gebotes abgebrochen wurde.
Während die Kunsthistoriker vor einem Rätsel stehen, lieferte William Mug, Leiter des Dickhäuterhauses im Londoner Zoo, plausible Erklärungen für das Ereignis. Mug verwies darauf, der Elefant stehe als solcher zwar auf Wunsch gern einige Zeit untätig herum und genieße die Verlängerung seiner natürlichen Lebensdauer durch den Aufenthalt in Gemälden. Das abgebildete Exemplar habe jedoch offenbar die Geduld verloren und seinem natürlichen Bewegungsdrang nachgegeben, der womöglich nicht zuletzt Ernährungszwecken gedient habe. Denkbar sei überdies, dass dem Rüsseltier die bei der Versteigerung abgegebenen Gebote allzu abstrus erschienen seien, nachdem der verarmt dahingeschiedene Cosetti für das Gemälde seinerzeit einen Erlös erzielt habe, der bei Zugrundelegung heutiger Kaufkraft nur etwa dreihundert US-Dollar entsprochen habe. Afrikanische Elefanten aber seien äußerst sozial und sensibel.
Wie alledem auch sei: Das Gesamtwerk Cosettis und die Bewertung seiner einzelnen Gemälde sind sichtlich in höchster Not. Alfred Kempendonk, Kurator des Landesmuseums in Münster (Westfalen), das über einen Cosetti mit der Abbildung einer Herde südfranzösischer Wildpferde verfügt, teilte mit, eines der Tiere habe nachweislich bereits mehrfach mit dem Schwanz gewedelt, was größte Sorge rechtfertige. Die privaten Investoren wiederum, die sonst bekanntlich vor keinem noch so irrwitzig hohen Gebot selbst für Drittklassiges angesehener Künstler wie van Gogh zurückschrecken, dürften mit einem Schlag jedes Interesse an Cosettis verloren haben.
Bleibt zu hoffen, dass nicht mit Werken anderer großer, bildender Künstler Ähnliches geschieht. Allein die Vorstellung, der alte Gitarrenspieler aus Picassos blauer Periode suche irgendwann – von der Natur gezwungen – eine gewisse Örtlichkeit auf und komme uns so abhanden, ist wahrhaft beängstigend. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.