Ostern ist die Zeit der Predigten, Ostern ist die Zeit der Fettnäpfe. Meister des Fettnapfes sind Papst Benedikt XVI. und der Augsburger Bischof Walter Mixa. Meisterschaft aber erweckt bekanntlich Erwartungen und Leistungsdruck.
Gemessen daran enttäuschte Benedikt der XVI. diesmal auf ganzer Linie. Er forderte – nichts leichter als das – verstärkte Anstrengungen für Frieden im Nahen Osten und in Afrika. Er erinnerte an wachsende Armut und die Verbreitung von Krankheiten wie Aids, wobei er seine kondomfeindlichen Beiträge zur Verbreitung von Aids gnädig unerwähnt ließ. Er geißelte wieder einmal „Materialismus und Nihilismus“. Und er bestieg entschlossen einen philosophischen Maulwurfshügel, indem er eine verbreitete Weltanschauung beklagte, die „nicht über das experimentell Feststellbare hinauszublicken vermag und sich trostlos in ein Gefühl des Nichts zurückzieht, das der definitive Endpunkt der menschlichen Existenz wäre.“ Das blieb wolkig und tat schon deshalb niemandem weh.
Der erste Preis gebührt denn auch eindeutig Walter Mixa. Er warnte vor Atheismus und meinte, wo Gott geleugnet werde, werde auch der Mensch einschließlich seiner Würde geleugnet. Und er fügte hinzu: „Eine Gesellschaft ohne Gott ist die Hölle auf Erden!“ Da freut man sich spontan, dass die Zeit der Hexenverbrennungen vorbei ist.
Sollen wir den Augsburger Fundamentalisten nun darauf hinweisen, dass Gesellschaften mit Gott der Menschheit auch im Übrigen allzuviel Höllisches beschert haben, und der Islam, dessen gewalttätige Auswüchse trostlos an die christliche Inquisition erinnern, ebenfalls eine theistische Religion ist? Nein, wir verweisen auf Buddhas gelassene Antwort auf blinde und selbstgerechte Intoleranz jeder Art, die der oben abgebildete Sandstein (Angkor, Bayon, 12./13.Jhdt) spiegelt.
In den Worten des Dalai Lama klingt diese Antwort so (Das Buch der Menschlichkeit, S. 28/29):
„Als jemand, der sich …dem siebzigsten Lebensjahr nähert, habe ich genügend Erfahrungen sammeln können, um mir vollkommen sicher zu sein, dass die Lehren des Buddha sowohl wichtig als auch nützlich für die Menschheit sind. Wenn jemand sie in die Praxis umsetzt, profitieren nicht nur er oder sie allein davon, sondern auch andere. Doch Begegnungen mit Menschen jeglichen Typs auf der ganzen Welt haben mir klargemacht, dass es andere Glaubensformen und andere Kulturen gibt, die nicht weniger als mein Glaube und meine Kultur dazu in der Lage sind, dem Einzelnen dabei zu helfen, ein schöpferisches und zufriedenstellendes Leben zu führen. Ja mehr noch: Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es keinen großen Unterschied macht, ob jemand einer Religion anhängt oder nicht. Weitaus wichtiger ist es, ein guter Mensch zu sein.
Ich sage dies im Bewusstsein der Tatsache, dass der Einfluss der Religion auf das Leben der Menschen – vor allem in den entwickelten Ländern – im allgemeinen eher gering ist., auch wenn eine Mehrheit dieser fast sechs Milliarden Menschen sich zu dieser oder jener Glaubensrichtung bekennen mag. Man muss bezweifeln, ob es weltweit auch nur eine Milliarde Menschen gibt, die, wie ich es nennen möchte, zu den ernsthaft Praktizierenden gehören, die sich also jeden Tag gläubig darum bemühen, die Prinzipien und Regeln ihres Glaubens zu befolgen. In diesem Sinne gehören alle übrigen zu den Nicht-Praktizierenden. Die Praktizierenden aber folgen wiederum einer Vielzahl religiöser Wege, und von daher wird deutlich, dass es aufgrund unserer Vielfältigkeit nicht nur eine Religion geben kann, die die ganze Menschheit zufriedenstellt. Des weiteren können wir daraus schließen, dass wir Menschen im Leben ganz gut zurechtkommen, ohne zu einem Glauben Zuflucht zu nehmen“.
Das mögen ungewöhnliche Aussagen für einen Mann der Religion sein. Doch vor dem Dalai Lama bin ich Tibeter, und vor dem Tibeter bin ich Mensch.“